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Treffen mit der Zukunft: Ausfahrt mit den Porsche E-Hybriden

Du weißt, Du bist ein Porsche Nerd, wenn man Dich nachts um halb drei wecken kann und du die 911 Baureihen Codes ab 1963 lückenlos und fehlerfrei aufsagen kannst. Bei den Schlagworten RS 2.7, GT3, GT2 RS blinkt sofort der Begriff „Hardcore“ bei Dir im Kopf auf und Dein Blut sackt in tiefer liegende Körperregionen. Dazu gehört dann auch, dass das Betreten des legendären Backsteinbaus in Stuttgart-Zuffenhausen für Dich ein fast ehrfürchtiger Akt ist. Ja, richtig, ich bekenne, genau zu dieser Gruppe Mensch gehöre ich. Doch ich betrete das Gebäude mit den roten Ziegeln, in dem die Pressefahrzeugausgabe stattfinde diesmal nicht, um Bekanntschaft mit der neuesten Evolutionsstufe eines Boxermotors zu machen, nein, ich soll die Zukunft kennenlernen.

Bürokratie. Auch die gibt es bei Porsche und darum dauert es gefühlt eine Ewigkeit bis Sebastian Bauer von passion:driving und ich die handschmeichelnden Schlüssel überreicht bekommen. Auf dem Parkplatz vor dem Vorstandsbüro parken für uns ein weißer Wal Namens Panamera S und ein Cayenne S im irritierenden Rentnerfarbton „Palladiummetallic“. Das soll also die Zukunft des Stuttgarter Sportwagenherstellers sein? Ja, denn hinter den Alurädern blitzen mächtige Bremszangen in Acidgreen hervor. Ein greller Farbton, mit dem auch alle Schriftzüge unterlegt sind und einer davon lautet: E-Hybrid.

Geht ums Eck, mag es aber nicht: Porsche Cayenne S E-Hybrid

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Aha! Darum ist das also die Zukunft, denn speziell seit dem Toyota Prius Hype wissen wir: Hybrid, das steht für Nachhaltigkeit, verringertem Carbon Footprint, Gutmensch sein und am schlimmsten: dem Verlust der Fahrfreude. Ich lupfe irritiert die Braue und beginne nervös in den Unterlagen zu den beiden Hybriden zu blättern. Jeweils 416 PS Systemleistung. Das beruhigt. 2.095kg (Panamera) und 2.350kg (Cayenne) Lebendgewicht. Das beruhigt überhaupt nicht und mir deucht, die automobile Zukunft wird vor allen Dingen eins: schwer. Verglichen mit ähnlich stark motorisierten Modellbrüdern ohne zweite elektrische Antriebseinheit sind das nämlich bis zu 285kg mehr.

Geht ums Eck, mag es auch – ein wenig: Porsche Panamera S E-Hybrid

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Doch alles lamentieren auf dem Porsche Parkplatz über die Sinnhaftigkeit von SUVs, Sportlimousinen und Hybrid Konzepten hilft nichts, nur der Versuch macht klug. Ich gleite daher zuerst in den Panamera und ja, das können sie eben, die Zuffenhausener. So ein 970er gibt Dir schon beim Einstieg das Gefühl eines Slippers aus Nappaleder: perfekter Sitz ohne zu zwicken. Doch was ist das? Der Dreh am Schlüssel im Zündschloss erweckt nicht den 3,0l Sechszylinder Motor, in dessen V ein Kompressor thront, sondern nur die Acidgrünen Zeiger im Cockpit, die kurz nach oben schnellen, um wieder zurück in der Normallage zu signalisieren: auf geht’s, lass uns stromern.

Gelände kann er, macht aber keiner: Porsche Cayenne S E-Hybrid

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Machen wir und Piggeldy folgte Frederick in die Löwensteiner Berge. Eine gute Idee? Eigentlich nicht, denn mit zwei solchen Dickschiffen in dieses schmale Kurvenlabyrinth einzutauchen, ist so sinnvoll, wie mit einem Messer zu einer Schiesserei zu kommen. Doch bis dahin liegen erst einmal 30 Kilometer Autobahn vor uns. Also linke Spur, Blinker setzen und Gas. Because Porsche. Doch falsch! Ergriffen von Stille und Drehmoment des 310 Nm starken Elektromotors schmuggeln wir uns kurz hinter dem Werkstor in den fliessenden Verkehr zur Autobahn, nur um uns kurz darauf hinter einem 40 Tonner mit knapp 90km/h einzuklinken. Was ist geschehen? Die zwei Hoonigans im Kriechgang oder besser gesagt im E-Power-Modus, statt hart am Gas. Ja, denn die rein elektrische Fahrweise ist alles andere, als „kriech“. 6,1 Sekunden auf 50 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h stehen uns mit dieser Antriebsform zur Verfügung. Das ist zwar nicht unbedingt Sportwagenstyle, aber langsam kommt sich das Panamera-Cayenne-Duett auch nicht vor. Gebannt folgen wir der Reichweitenanzeige. Kurz bevor der Benziner zwangsgezündet werden muss, verlassen wir die Autobahn. Direkt emitiert haben wir mit beiden Autos bisher nichts. Bei einem ersten Stopp klopfen sich Sebastian und ich zufrieden auf die Schulter.

Dreckig nur von außen, die zwei Herzen sind rein: Porsche Panamera S E-Hybrid

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Doch irgendwann muss auch Schluss sein mit dem Baumstreichlermodus. Also los: Sport Plus aktivieren und Panamera und Cayenne die Hybridmuskeln spannen lassen. Können die beiden Dickschiffe überhaupt „Sport“? Erstmals kräuseln sich an diesem frostigen Tag kleine Wölkchen an den Endrohren, denn die kalten Motoren lagen bisher nur gelangweilt auf der Vorderachse. Und ja, die beiden stattlichen Gefährte können mit dem Begriff Sport durchaus etwas anfangen. Speziell die Limousine lässt ihre DNA gerne aufblitzen. Trotz fünf Meter Aussenlänge lässt sich der Panamera nämlich erstaunlich behände durch winkeliges Geläuf zirkeln. Begründet liegt dies in einer für diese Klasse unglaublich präzisen Lenkung und der Tatsache, dass die Kraft der Zwei Herzen nur auf die Hinterräder wirkt.

Palladiummetallic sieht nicht wirklich schnell aus, Acidgreen schon

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Der SUV Bruder mit Allradantrieb tut sich da bedeutend schwerer. Sein Automatikgetriebe wirbelt deutlich hektischer durch die acht Gänge, um den Cayenne mit der passenden Übersetzung zu versorgen und der V6 Motor nöhlt seltsam unwillig dazu. Man spürt im direkten Vergleich zum Panamera die 265kg Mehrgewicht und den hohen Schwerpunkt. Doch wirklich erschreckend ist, wie einem die 590 Nm maximales Drehmoment des Hybridmoduls bei sportlich angehauchter Fahrweise schwächlich vorkommen. Willkommen in der Zukunft.

Doch sind Plug-in Hybride wirklich unsere automobile Zukunft? Natürlich ist es beeindruckend, geräuschlos im fließenden Verkehr mitzuschwimmen. Natürlich ist es spannend zu beobachten, wenn der mit fossilen Brennstoffen befeuerte Sechsender im E-Charge-Modus die Lithium-Ionen-Batterien während der Fahrt wieder auflädt. Natürlich ist es faszinierend, das ruckfreie Zusammenspiel der beiden Kraftquellen im automobilen Alltag zu geniessen. Natürlich ist es schmeichelhaft, wenn nach rund 200 Kilometern zurückgelegter Strecke, nur rund 13 Liter (Panamera) bzw. 16 Liter (Cayenne) Verbrauch im Bordcomputerdisplay angezeigt werden, obwohl man davon 140 Kilometer nicht wirklich vor dem Hintergrund der Ressourcenschonung zurückgelegt hat und man weiß: bei zahmerer Fahrweise wären beide Fahrzeuge auch Richtung 10 Liter gerutscht.

Der Panamera: ein wunderbarer Gran Tourismo. Als Hybrid auch potenziell sparsam

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Wahrscheinlich bin aber ich zu sehr Oldschool-Spritkopf, als dass sich mir der Sinn von Hybriden in der vorliegenden Form erschliesst. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich Hybride nur als eine Art Zwischenschritt zu rein elektrischen Antrieben empfinde. Das bei diese Ausfahrt für mich jedoch entscheidende Porschegefühl mag im Cayenne in keiner Lebenslage aufkommen und im Panamera nur bedingt. Der Verbrauchsvorteil lässt sich nur mit Selbstgeißelung herausfahren und der Blick in die Preisliste bietet attraktive Antriebsalternativen (beim Cayenne empfehle ich den dicken Diesel und beim Panamera weine ich dem freisaugenden V8 nach – was ein herrliches Herrenfahrermobil). Das interessante ist jedoch: Porsche ist mit beiden Modellen zuzüglich dem über allem schwebenden Supersportler 918 einer der konsequentesten deutschen Anbieter von Hybridmodellen. Ob das jedoch die zahlungskräftige Kundschaft zu schätzen weiß, oder ob diese Angebotspalette, die zukünftig noch um Macan und 911 erweitert wird, nur dazu dient, den CO2-Ausstoß der Zuffenhausener Flotte in Richtung gesetzliche Vorgaben zu senken, bleibt abzuwarten. 110.409 Euro für den Panamera und 82.087 Euro für den Cayenne reichen jedoch nicht, um beim Reinwaschen des Umweltgewissens auch Spaß zu haben und mich von der automobilen Zukunft zu überzeugen.

Und zu welchem Ergebnis kommt Sebastian nach unserem Treffen mit der Zukunft? Das könnt ihr auf passion:driving nachlesen. Viel Spaß.

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