Alfa Romeo 4C 1
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Abgrundtief dreckig: Alfa Romeo 4C

Alfa Romeo 4C 1
April 2013. So sieht eine italienische Preview aus

Es gab in letzten Jahren nur wenige Neufahrzeuge, die mich beim Fahren wirklich überraschen konnten. Fahren können sie nämlich heutzutage eigentlich alle irgendwie ganz ordentlich. Kleine Fahrwerksschwächen kaschiert geschickt die Elektronik und Dank Downsizing kommen selbst schwach motorisierte Fahrzeuge mit ein wenig Zwangsbeatmung durchaus gut vom Fleck. Auch vom lang angekündigten Alfa Romeo 4C erwartete ich nichts Außergewöhnliches. Eine Mittelmotorflunder mit etlichen Teilen aus dem wenig ansehnlichen Fiat Bauchladen. Was ein Irrtum.

Ganz ehrlich: Ich bin kein Vertreter der weit verbreiteten These, dass man als echter Spritkopf einmal im Leben einen Alfa Romeo besessen haben muss. Auch wenn ich schon Giulias, Bertone Coupés, einen seltenen Montreal oder die neuzeitlichen 145, 146 und 159 bewegt habe. Es blieb da einfach nichts derart Positives hängen, dass ich mich sofort in mobile.de gestürzt hätte, um nach einem adäquaten Modell für meine Garage zu suchen.

Diese Scheinwerfer. Warum nur?  Erst mit dem Roadster naht Abhilfe

Alfa Romeo 4C 4

Auch der 4C gehörte seit seinem ersten Auftritt in Genf 2011 nicht zu den Autos, die bei mir zu einem verliebten Gesichtsausdruck geführt haben. Um so weniger verstand ich die wild gestikulierenden Männer in meinem Freundeskreis, die das Hohelied auf das kleine Coupé sangen. Für mich war das nur der kleine hässliche Bruder vom 8C Competizione mit zu breitem Arsch und zu kurzen Türen. Als dann 2013 die Serienversion präsentiert wurde, fiel mein Kopf vollends auf die Tischplatte: Wie kann man nur solche Scheinwerfer da reintrümmern? Einfach grausam.

Der technische Ansatz mit Kohlefaser Monocoque und Mittelmotor klang zwar durchaus vielversprechend und Mechthilds Bericht aus Modena liess hoffen, doch ein paar Zusatzinfos von ihm im Vertrauen zerstörten diese Hoffnung und untermauerten meine klassischen Vorurteile zum Thema Produktion und Qualität. Stutzig wurde ich erst, als Peter Ruch einen kontrovers diskutierten Artikel in Form eines offenen Briefes an den Audi Chef Stadler veröffentlichte, in dem just dieser Alfa 4C der Aufhänger ist.

Der 4C ist nur der kleine hässliche Bruder des 8C Competizione?

Alfa Romeo 8C

Und genau diese rote Flunder, die radical-mag.com Chef Ruch zu seinen provokanten Worten animierte, stand jetzt vor mir. Zur Begrüßung startete Peter das 1,75 Liter große Motörchen und mir wurde schlagartig klar: Das ist ja Italien! Denn der Vierender röhrte, als ob einer Horde hormongeschwängerter italienischer Männer beim Anblick der kurzberockten bella Bionda die Hose platzt.

Doch der wahre Testosteron-Schub beginnt erst, wenn man sich durch die kleinen Luken ins Innere zwängt. Die Klarlack versiegelten Karbonmatten des Testwagens sind zwar schon nach ein paar tausend Kilometern mit Striemen überzogen und die belederten Wangen des kargen Gestühls sind bereits abgewetzt, denn man muss durchaus gelenkig sein, um die breiten hohen Schweller beim Einstieg zu überwinden. Doch sitzt man erstmal, findet man selbst mit knapp zwei Metern eine durchaus menschenwürdige und auch bequeme Sitzposition, was bei italienischen Fahrzeugen nicht immer der Fall ist. Hat man es dann auch noch begriffen, wie die vier Knöpfe auf der Mittelkonsole zu drücken sind, um nach dem Motorstart den Alfa in Bewegung zu setzen, kann die Überraschung beginnen.

Emmental und Cuore Sportivo. Klingt komisch, passt aber wunderbar zusammen

Alfa Romeo 4C 3

Herrlich vulgär röhrt und spratzelt der 4C ab dem ersten Meter in allen Tonlagen und bläst obendrein noch seinen überschüssigen Turbodruck so unverfroren in die Natur, dass es jedem JDM Fan vor Freude die Tränen in die Augen treibt. Doch zu dem extrovertierten Auftritt gesellt sich auch noch Können. Die 240 PS haben leichtes Spiel mit den rund 1.000kg Fahrzeuggewicht und wenn der Turbolader fröhlich zwitschert, kann man die Gänge genüsslich durch das Doppelkupplungsgetriebe zappen. Warum es kein Handschalter werden durfte, weiß man nur in der mailändischen Entwicklungsabteilung. Doch man kann sich durchaus mit der Schaltbox arrangieren. Dazu fahren die Vorderräder ohne Servounterstützung exakt dahin, wohin man sie mit dem Lenkrad dirigiert und die Hinterachse liefert dazu immer genügend Haftung, sowie Vortrieb. So monitioniert muss man auf den entlegenen Routen durch das Emmental nur zwei Dinge fürchten: Den Schweizer Schutzmann und den Gegenverkehr.

Passt: 196cm Länge trifft 118cm Höhe.

Alfa Romeo 4C 2

Denn Achtung: So schmal die Pilotenkanzel, so breit der ganze Alfa. 187 Zentimeter plus die üppigen – vom Fiat 500 entliehenen – Spiegel lassen das Kurvenzirkeln auf kleinen entlegenen Landstraßen ohne mittlere Leitlinien durchaus zur Nervensache werden, denn rechts hängt man meist schon tiefer in der Grasnarbe, als es dem Karbon Monocoque lieb ist und auf der Gegenfahrbahn kommt eben auch mal am Wochenende ein hoch aufbauender Postbus der 118cm Flunder entgegen.

Bei diesem Alfa hat nicht nur das Scudetto Charakter

Alfa Romeo 4C 5

Doch der 4C macht Spaß. Unfassbar viel Spaß sogar. Diese Macchina trägt ihr Scudetto im Vergleich zu den aktuellen Problemfällen MiTo und Giulietta zu Recht, denn sie ist aufreizend ordinär, moralisch verwerflich, imperfekt und vollkommen alltagsuntauglich. Und genau das macht den Reiz des Alfa Romeo 4C aus. Ob ich dafür mindestens 50.500 Euro ausgeben würde? Eher nicht. Doch fragt mich doch einfach noch einmal, wenn 2015 der Roadster mit hübschen Scheinwerfern auf den Markt kommt. Vielleicht komme ich dann doch zu dem Schluss: Einmal im Leben muss es eben auch ein Alfa sein.

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